Erster Einsatz von basen-editierten CAR-T-Zellen zur Behandlung resistenter Leukämie

Eine Patientin mit rezidivierender T-Zell-Leukämie hat im Rahmen einer "Bench-to-Bedside"-Kooperation zwischen dem University College London (UCL) und dem Great Ormond Street Hospital for Children (GOSH) erstmals basen-editierte T-Zellen erhalten.

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Wahre Präzisionsonkologie wurde in London bei einer jungen Patientin angewendet: Ein Cytosin-Basen-Editor (CBE) führte durch Ex-vivo-Elektroporation von CBE-mRNA und Leit-RNAs drei gleichzeitige Editierungen in Spender-T-Zellen durch. Die editierten T-Zellen (die durch das Basen-Editing CD7-frei gemacht wurden, diesen Rezeptor also nicht mehr exprimieren) erhielten ein Anti-CD7-CAR und wurden dann dem Patienten zurücktransplantiert. Die Leukämie des Patienten ging bereits nach einem Monat in Remission und ist sechs Monate später geheilt. Ob die Wirkung länger anhält, ist derzeit aber noch nicht absehbar. Neun weitere Patienten sollen in dieser kleinen ersten klinischen Studie folgen.

Bei der 13-jährigen Alyssa aus Leicester wurde 2021 eine akute lymphoblastische T-Zell-Leukämie (T-ALL) diagnostiziert. Sie wurde mit allen gängigen konventionellen Therapien für ihren Blutkrebs behandelt, einschließlich Chemotherapie und einer Knochenmarktransplantation, aber ihre Krankheit kehrte zurück und es gab keine weiteren Behandlungsmöglichkeiten.

Alyssa war die erste Patientin, die in die klinische Studie aufgenommen wurde. Im Mai 2022 wurde sie in die Abteilung für Knochenmarktransplantation (BMT) am GOSH eingeliefert, um "universelle" CAR-T-Zellen zu erhalten, die von einem gesunden freiwilligen Spender vorproduziert worden waren. Diese Zellen waren mit einer neuen Base-Editing-Technologie bearbeitet worden, die von einem Forscherteam am UCL unter der Leitung von Professor Waseem Qasim (UCL Great Ormond Street Institute of Child Health), der auch ehrenamtlicher Berater am GOSH ist, konzipiert und entwickelt wurde.

Anschließend wurde sie mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet, der es den T-Zellen ermöglicht, Krebszellen zu jagen und zu töten, ohne sich gegenseitig anzugreifen. Nur 28 Tage später war Alyssa in Remission und erhielt eine zweite Knochenmarktransplantation, um ihr Immunsystem wiederherzustellen. Jetzt, sechs Monate später, geht es ihr gut und sie erholt sich zu Hause bei ihrer Familie und setzt ihre Nachsorge im GOSH fort. Ohne diese experimentelle Behandlung wäre Alyssas einzige Option die Palliativmedizin gewesen.

Die Forscher stellten die Daten erstmals auf der Jahrestagung der American Society of Haematology in New Orleans, USA, an diesem Wochenende vor.

Der Einsatz genom-editierter T-Zellen (CAR T-Zellen) zur Behandlung von B-Zell-Leukämie wurde erstmals 2015 von demselben Team des GOSH und des University College London Great Ormond Street Institute of Child Health (UCL GOS ICH) durchgeführt, und sie berichteten kürzlich über Versuche mit CRISPR/Cas9-Techniken bei Kindern. Bei einigen anderen Leukämiearten war es jedoch schwieriger, sie auf diese Weise zu behandeln, da T-Zellen, die Krebszellen erkennen und angreifen sollen, sich während des Herstellungsprozesses im Labor auch gegenseitig töten.  Für diese Studie waren mehrere zusätzliche DNA-Veränderungen erforderlich, um Banken von "universellen" Anti-T-Zell-CAR-T-Zellen zu erzeugen.

Zur Herstellung dieser Zellen wurden gesunde T-Zellen von Spendern in der Reinraumanlage des Great Ormond Street Hospitals mit vier separaten Änderungen bearbeitet. Diese Schritte waren:

  • Entfernung vorhandener Rezeptoren, so dass die T-Zellen eines Spenders in einer Bank gelagert und ohne Anpassung verwendet werden können – sie werden also "universell".   
  • Entfernung eines Markers namens CD7, die sie als T-Zellen kennzeichnet (CD7-T-Zell-Marker). Ohne diesen Schritt würden T-Zellen, die darauf programmiert sind, T-Zellen zu töten, das Produkt einfach durch "friendly-fire" zerstören.
  • Entfernen eines zweiten Markers namens CD52. Dadurch werden die bearbeiteten Zellen für einige der starken Medikamente, die dem Patienten während des Behandlungsprozesses verabreicht werden, unsichtbar.
  • Hinzufügen eines chimären Antigenrezeptors (CAR), der den T-Zell-Rezeptor CD7 auf leukämischen T-Zellen erkennt.  Die Zellen werden gegen CD7 gewappnet und erkennen und bekämpfen die T-Zell-Leukämie.

Diese Änderungen wurden durch "Base Editing" erreicht, das heißt durch die chemische Umwandlung einzelner Nukleotidbasen (Buchstaben des DNA-Codes), die Anweisungen für ein bestimmtes Protein enthalten. Durch die Veränderung bestimmter Nukleotidbasen im Gen für CD7 von einem Cytosin zu einem Thymin wird beispielsweise ein "Stoppcodon" geschaffen, das verhindert, dass die Zellmaschinerie die vollständigen Anweisungen liest, und die Produktion von CD7 wird eingestellt.

Das Ergebnis sind editierte CAR-T-Zellen, die dem Patienten verabreicht werden können, damit sie T-Zellen im Körper, einschließlich leukämischer T-Zellen, schnell finden und zerstören. Im Erfolgsfall erhält der Patient dann eine Knochenmarktransplantation, um sein geschwächtes Immunsystem wiederherzustellen.

Bisherige Behandlungen beruhen auf Techniken namens TALENS oder CRISPR/Cas9, bei denen Gene durch Schnitte mit molekularen "Scheren" verändert werden. Das neue Base-Editing-Verfahren wirkt, ohne Brüche in der DNA zu verursachen, so dass mehr Änderungen möglich sind und das Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Chromosomen geringer ist. Die Technik wird auch untersucht, um schädliche Veränderungen im DNA-Code für eine Reihe von Erbkrankheiten zu korrigieren.

Dr. David Liu, einer der Erfinder des Base Editing am Broad Institute, sagte der BBC, es sei "ein bisschen surreal", dass Menschen nur sechs Jahre nach der Erfindung dieser Technologie behandelt werden. Er glaubt, die therapeutischen Anwendungen des Base Editing stünden erst am Anfang und die Wissenschaft könne nun "entscheidende Schritte in Richtung Kontrolle über unsere Genome" machen.

Das Anwendungspotential geht weit über Krebserkrankungen hinaus: Die Sichelzellenanämie zum Beispiel wird durch eine einzige Basenveränderung verursacht, die korrigiert werden könnte. Daher laufen bereits Versuche zum Base Editing bei Sichelzellenanämie, bei familiär gehäuftem hohem Cholesterinspiegel und bei der Blutkrankheit Beta-Thalassämie.

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